M 1.72 Baumaßnahmen während des laufenden Betriebs

Verantwortlich für Initiierung: Behörden-/Unternehmensleitung, IT-Sicherheitsbeauftragter

Verantwortlich für Umsetzung: IT-Sicherheitsbeauftragter

Aus wirtschaftlichen Gründen ist es oftmals ratsam, statt einen Serverraum oder ein Rechenzentrum neu zu bauen, die bestehenden Fläche der vorhandenen IT-Räume durch die Integration benachbarter Flächen zu erweitern. Solche Flächenerweiterungen haben oftmals erhebliche Eingriffe in die bestehende Bauwerksstruktur zur Folge, weil Wände verändert, entfernt oder auch neu gebaut werden müssen. Weiterhin sind die Erweiterungsflächen mit der entsprechenden Infrastruktur (Doppelboden, Elektroversorgung, Klimatisierung, Sicherheitstechnik, etc.) auszustatten, so dass auch hier Arbeiten massiven Ausmaßes anfallen.

Um die Geschäftstätigkeit der Institution nicht einzuschränken, ist es häufig notwendig, die bestehende IT-Infrastruktur während der Bauarbeiten weiter zu betreiben. Gleichzeitig sollen die Baumaßnahmen durch den laufenden IT-Betrieb möglichst nicht eingeschränkt oder Auflagen unterworfen werden, damit sich die Kosten nicht über das erforderliche Maß hinaus erhöhen.

Zunächst ist planerisch und durch vorbereitende Änderungen der Infrastruktur sicher zu stellen, dass die unterstützende Technik wie beispielsweise Stromversorgung, Klimatechnik, überwachende und alarmierende Technik, durch die Baumaßnahmen nicht beeinträchtigt wird und weiter funktionsfähig bleibt. Anschließend ist der betroffene Bereich, in dem die IT betrieben wird, vor Verunreinigung, aber auch vor unbefugtem Zutritt zu bewahren. Gleichzeitig sollte die Baustelle nicht unnötig behindert werden. Bewährte Maßnahmen zum Schutz vor Verunreinigungen sind:

Eine Folien-Staubschutzwand kommt lediglich für kurze Baumaßnahmen mit minimaler Staubentwicklung in Betracht. Dabei wird schwere Baufolie auf einem Holzständerwerk angebracht. Die entstehenden Fugen zu angrenzenden Bauteilen sowie Durchdringungen der Folie (z. B. für erforderliche Leitungen) werden mittels Klebeband verschlossen.

Bei dieser Ausführung besteht jedoch die Gefahr, dass durch eine Beschädigung der Folie die Staubschutzwirkung wegfällt. Ebenso wird so keine sichere Durchgangssperre geschaffen, so dass zusätzliche Maßnahmen nötig werden, damit keine Unbefugten in die Betriebsbereiche gelangen können.

Einfache Folien-Staubschutzwände (ohne die Errichtung eines festen Ständerwerks) werden oft temporär erstellt, um eine GKB-Staubschutzwand errichten zu können, bei der durch die notwendigen Bohrungen mit einer geringen Staubentwicklung zu rechnen ist.

In den meisten Fällen ist der Aufbau einer GKB-Staubschutzwand dringend zu empfehlen. Dabei wird der ein ausreichender Staubschutz schon durch eine einseitige doppelte Beplankung des Ständerwerks erreicht. Diese doppelte Beplankung verhindert, dass der zu schützende Bereich durch Feinstaub kontaminiert wird, der sonst problemlos durch die Plattenstöße gelangen kann.

An das bestehende Bauwerk angearbeitete Flächen sowie unvermeidbare Arbeitsfugen sollten durch eine elastische Dichtungsmasse abgedichtet werden, um auch hier den Durchtritt von Staub zu verhindern. Wandöffnungen und Kabeldurchführungen sind zu vermeiden. Ist das nicht möglich, sind diese durch geeignete Schottungen so zu verschließen, dass auch hier eine größtmögliche "Staubdichte" gewährleistet wird.

Die Integration von Türen in Staubschutzwände ist grundsätzlich möglich, bedeutet aber eine erhebliche Schwachstelle beim Staubschutz. Die Türöffnung sollte unbedingt als Schleuse ausgeführt werden, damit Zugluft und ein damit verbundener Staubtransport in die IT-Räume vermieden wird. Die Ausbildung einer solchen Schleuse mit doppelt hintereinander gehängter Baufolie ist als Staubschutz keinesfalls ausreichend.

Es sind möglichst zugdichte Baustellentüren einzubauen. Sehr große Spaltmaße in der eingesetzten Baustellentür können beispielsweise behelfsweise mit Gummilippen abgedichtet werden.

Ein weiterer Vorteil dieser massiven Staubschutzwand ist die physische Trennung des Baustellenbereiches von den Rechenzentrumsflächen, da nach der Erstellung der GKB-Wand keiner der Bauarbeiter direkten Zugang zu den RZ-Flächen hat.

Bei der Durchführung der Bauarbeiten hat es sich bewährt, im Baustellenbereich mit einem ständigen Unterdruck zu arbeiten. Bei diesem Verfahren saugt ein Ventilator die Luft im Baustellenbereich an und führt sie über ein geschlossenes System nach außen. Hierdurch wird gewährleistet, dass ein Großteil des entstehenden Staubes direkt abgeführt wird und der verbleibende Staub nicht in den benachbarten Bereich gelangen kann. Durch eventuell vorhandene Undichtigkeiten wird allenfalls die staubarme Luft des RZ-Bereichs in den Baustellenbereich gesogen. Ein Nachteil dieser Maßnahme ist, dass eine Ausblasöffnung für das Abführen der Abluft in der Fassade benötigt wird.

Bei Arbeiten mit starker Staubentwicklung kann es auch empfehlenswert sein, auf der Bauseite Luftreiniger einzusetzen. Dabei ist die Luftreinigung durch Luftfilterung (sogenannte Entstauber) zu bevorzugen. Bei einer Luftreinigung auf Wasserbasis wird die Luft bis zur Sättigungsgrenze befeuchtet, so dass bei höheren Raumtemperaturen ein "subtropisches" Klima die Arbeiten erschwert.

Als weitere Maßnahmen zum Staubschutz können besondere Arbeitsverfahren geforderte werden:

Die Einhaltung von geltenden Vorschriften wie beispielsweise die Berufsgenossenschaftliche Regel für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit BGR 217 "Umgang mit mineralischem Staub" oder die Technische Regel für Gefahrstoffe TRGS 500 "Schutzmaßnahmen Mindeststandards" sollte regelmäßig vom Auftraggeber oder dem von ihm eingesetzten Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator kontrolliert werden.

Zum Abschluss der Bauarbeiten ist eine Baufeinreinigung durchzuführen. Falls die nicht durch eigene Arbeitskräfte durchgeführt wird, ist sie explizit in die Ausschreibung aufzunehmen, da sie über die in der VOB (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen) definierte Baureinigung durch Auftragnehmer hinausgeht.

Neben dem Staubschutz ist bei Umbaumaßnahmen sicherzustellen, dass die weiterbetriebene IT ausreichend gekühlt wird. Bei Luftkühlung ist die zusätzliche Staubbelastung durch die Umbaumaßnahmen zu berücksichtigen.

Es ist ratsam, entsprechende Hinweise für alle geforderten Maßnahmen in die Leistungsverzeichnisse aufzunehmen, um Missverständnisse und teure Nachträge der Auftragnehmer zu vermeiden.

Durch die Bautätigkeiten entstehen aber nicht nur Staub und Unruhe, sondern es könnte auch die vorhandene Technik durch Unachtsamkeit oder fehlerhafte Planung beschädigt werden (z. B. Anbohren von Leitungen). Außerdem arbeitet dabei auch typischerweise wechselndes Fremdpersonal an vielen Stellen gleichzeitig. Hier muss dafür gesorgt werden, dass dieses entweder adäquat beaufsichtigt werden kann oder die IT-Bereiche von den Bereichen mit Bautätigkeitet so abgetrennt werden, dass dort kein unbefugter Zutritt möglich ist.

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